Geldsymposium - Erster Rückblick
- Simon Sonnenberg
- 3. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Geldsymposium „Geld der Zukunft“ in Berlin Treptow-Köpenick ein voller Erfolg!
Volles Haus in Berlin: Symposium „Geld der Zukunft“ begeistert Teilnehmer:innen
Das Geldsymposium ‚Geld der Zukunft‘ in Berlin-Treptow am 27. und 28. Juni 2025 – mit Expertenpanels, World-Café, Fachdiskussionen und einem dreistündigen Geldkonvent – war nicht nur restlos ausgebucht, sondern auch ein voller Erfolg. Nach einer engagierten Einführung durch die beiden Gründer der Initiative Geld der Zukunft (www.geld-der-zukunft.org), Renate Börger und Simon Sonnenfeld, begann das eigentliche Symposium mit der Darstellung des jeweiligen Ausgangspunktes für die sieben vertretenen alternativen Geldkonzepte. Engagiert und zugleich diszipliniert folgten alle Podiums-Teilnehmer:innen der Vorgabe der Veranstalter, kurz und knapp und in nur wenigen Minuten die eigenen Ansätze zu erläutern. Beim am Abend stattfindenden Expertenpanel präsentierten sieben der insgesamt acht Vordenker:innen der Initiative ihre Visionen für eine neue Geldordnung. Spannend für die vielen Veranstaltung-Teilnehmer:innen: Trotz unterschiedlicher Ansätze einte alle Referent:innen das Ziel, Geld wieder in den Dienst der Gesellschaft zu stellen – demokratisch kontrolliert, ökologisch tragfähig und sozial gerecht.
Expertenpanel: Gemeinsame Werte trotz unterschiedlicher Ansätze
Joseph Huber forderte mit dem Vollgeldansatz eine grundlegende Neuausrichtung der Geldschöpfung: Geld dürfe nicht länger durch private Banken als Giralgeld erzeugt werden, sondern müsse allein durch eine unabhängige öffentliche Instanz – die sogenannte Monetative – geschöpft werden. Diese vierte Gewalt im Staat soll die Geldemission vollständig dem Gemeinwohl unterstellen und demokratisch legitimieren. Christian Gelleri zeigte am Beispiel des Chiemgauers, wie regionale Komplementärwährungen lokale Wirtschaftskreisläufe stärken, ökologische Ziele fördern und soziale Bindungen vertiefen können. Geld wird hier zu einem bewusst gestalteten Bindeglied zwischen Region, Verantwortung und Gemeinschaft.
Einen gänzlich anderen Fokus setzt die Modern Monetary Theory (MMT), vorgestellt von Maximilian Runge-Segelhorst als Ersatz des verhinderten MMT-Experten Dirk Ehnts: Geld wird nicht als knappes Gut verstanden, sondern als staatlich geschöpftes Mittel, das je nach realwirtschaftlichen Kapazitäten eingesetzt werden kann – zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben, für Klimaschutz, Bildung oder Gesundheit. Entscheidend sei nicht die Staatsverschuldung, sondern die Frage, ob ausreichend reale Ressourcen vorhanden sind.
Aaron Sahr, mit seiner Idee der „politisierten Geldschöpfung“, war zwar nicht physisch anwesend, wurde aber durch entsprechende Würdigung der anderen Teilnehmer vollauf vertreten. Seiner Auffassung nach ist Geldpolitik immer Ausdruck politischer Machtverhältnisse, wobei diese – statt technischer Routine – als demokratisches Handlungsfeld begriffen werden müsse, um Geld als öffentliches Gut gesellschaftlich gestalten zu können.
Christian Felber plädierte für eine gemeinwohlorientierte Finanzordnung auf Basis ethischer Werte: Geld dürfe nicht Selbstzweck, sondern müsse Mittel zur Förderung von Menschenwürde, Solidarität und Nachhaltigkeit sein. Banken, Bilanzierungsregeln und Finanzinstitutionen sollen entsprechend neu verfasst werden.
Norbert Bernholt stellte das Konzept eines solidarischen Geldes vor, das vor allem jene Tätigkeiten absichern soll, die für das Gemeinwohl unverzichtbar sind, aber keinen Marktpreis erzielen – Pflege, Bildung, Kultur oder demokratische Teilhabe. Voraussetzung dafür ist eine demokratisch organisierte Infrastruktur für Finanzierung und Verteilung, die sich am tatsächlichen Bedarf orientiert.
Michael W. Bader präsentierte die Sichtweise der Achberger Schule, die Geld nicht als universelles Tauschmittel, sondern als Rechtsmittel zur gemeinwohlorientierten Steuerung der Geldprozesse in einem demokratisch verfassten Wirtschaftssystem versteht. Produktions- und Versorgungsentscheidungen sollen dabei auf der Grundlage von Bedarfsanalysen durch Assoziationen und Kuratorien erfolgen – ohne Profitlogik und Marktsteuerung.
Samirah Kenawi schließlich stellte ihren Warengeld-Ansatz vor: Geld müsse durch reale Waren gedeckt sein und aus dem kreditbasierten Schuldensystem befreit werden, das Wachstum und Ungleichheit strukturell erzwingt. Ihr Modell will Geld wieder in reale Produktions- und Verteilungsverhältnisse einbinden, um eine ökologische und soziale Transformation zu ermöglichen.
Gemeinsam zeigen die vorgestellten Ansätze eindrucksvoll: Eine andere Geldordnung ist möglich – und wohl auch umsetzbar.
Vertiefung im Dialog: World-Café, Demokratischer Geldkonvent und
Systemisches Konsensieren
Die genannten Positionen wurden am folgenden Veranstaltungstag im Rahmen eines World-Café-Formates weiter vertieft und von den Expert:innen in Gesprächskreisen von je 15 Minuten mit jeweils ca. 15 Teilnehmer:innen diskutiert. Nach Abschluss jeder Gesprächsrunde, verteilt auf unterschiedliche Räumlichkeiten im Treptower Rathaus, wurde zur nächsten Themengruppe weitergezogen – keine geringe Herausforderung für Referent:innen und Teilnehmer:innen, die sich trotz hoher Temperaturen und Geräuschpegel ganz offensichtlich erfolgreich in das Thema neuer Geldordnungen einarbeiten konnten.
Der Nachmittag des zweiten Symposiumstags war einem „Demokratischen Geldkonvent“ mit Christian Felber gewidmet, der wichtige Zukunftsfragen aufwarf – etwa, wer künftig das Geld schöpfen und in Umlauf bringen soll: allein eine demokratisierte Zentralbank, eine Kombination aus Zentralbank und gemeinwohlorientierten Geschäftsbanken oder weiterhin primär private Geschäftsbanken? Ebenso ging es um die Frage, ob der Geldkreislauf künftig stärker am Gemeinwohl ausgerichtet werden sollte – etwa durch die Behandlung von Geld als öffentliches Gut und die Einordnung von Banken als Teil öffentlicher Infrastruktur – oder ob die bisherige Gewinnorientierung des Bankensektors als Motor der Wirtschaft beibehalten werden soll. Die angewandte Abstimmungsform des ‚Systemischen Konsensierens‘, bei der nicht gegeneinander gestimmt, sondern der jeweils geringste Ablehnungsgrad der einzelnen Alternativen – und damit die wohl größte gemeinsame Basis – ermittelt wird, stieß auf großes Interesse.
Ausblick: Gründung von „Money Watch“ als Denkfabrik für neues Geld
Den Abschluss des Symposiums „Geld der Zukunft“ – und zugleich die Idee seiner Fortsetzung – bildete die Ankündigung der Gründung eines unabhängigen Instituts unter dem Namen „MoneyWatch“, das sich als Denkfabrik und Informationsplattform für eine gemeinwohlorientierte Finanzordnung versteht. Ziel wäre, alle wichtigen alternativen Geldansätze zu sammeln, vergleichbar zu machen und öffentlich zugänglich aufzubereiten. Im Fokus stehen Bildungsarbeit, politische Orientierung und der Dialog zwischen den Denkschulen für ein neues Geld. Die bestehende Geld-der-Zukunft-Matrix wird dabei als zentrale Wissensbasis weiterentwickelt. Money Watch soll so zur Urteilsbildung und Mitgestaltung eines demokratischen Geldsystems beitragen – als Grundlage für Entscheidungen in Parlamenten, Volksentscheiden, Bürgerräten und Konventen. Auch dieser letzte Akzent der Veranstaltung, einschließlich des Aufrufs zur Mitwirkung und Unterstützung, stieß auf große Resonanz und breite Zustimmung.
Comments