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Prof. Joseph Huber

Vollgeld

Hier findest Du die Lösung "Vollgeld" Wort für Wort, damit Du Dir im Detail ein Bild machen kannst.

Einführung

Welche Probleme müssen behoben werden? Aus welcher Perspektive kommt die Lösung, also was soll sie leisten? Und was sind die wichtigsten Definitionen und Begriffe für diese Lösung?

1. Ausgangspunkt und Probleme: 

Welche zentralen Probleme im heutigen Geldsystem sollen mit dieser Lösung gelöst werden? 

tbd

2. Voraussetzungen: 

Welche wirtschaftlichen, politischen, sozialen oder reformerischen Bedingungen müssen erfüllt sein, um diese Probleme zu lösen? 

Zunächst müsste das in Ansätzen schon begonnene Umdenken in der Geld-, Finanz- und Makroökonomik – der diesbezügliche wissenschaftliche und politische Paradig­men­wandel – sich noch viel weiter fortsetzen. Das dürfte immer noch viel Zeit benötigen. Die dem Bankengeldregime inhärente monetäre Über­schieß­ensdynamik, Instabilität und Krisenneigung, und seine Tendenz zu monetärer Unregier­barkeit, müsste in der Breite von Wissenschaft und Politik erst noch vorbehaltlos als zu lösendes Problem gesehen werden.   

 

Ebenso müsste erst noch allgemein verstanden werden, dass die Garantien der ZBen und Regierungen für das private Bankengeld diesem einen para-staat­lichen Status verleihen – was konstitutionell ein Unding darstellt, keinesfalls ein nettes Beispiel für public-private partnership. Ebenso müsste es allgemein als Unding erkannt werden, dass sich unser Geld in Form von Bankkonto-Guthaben faktisch in Geiselhaft der Bankbilanzen befindet. Dadurch sind Staat und Allgemeinheit politisch-ökonomisch in hohem Maß zugunsten der privaten Bank- und Finanz­interessen erpressbar.

Es geht da [um das Vertrauen der Menschen in das neue Geldsystem zu gewinnen, red. Anmerkung] wohl weniger um die geldsystemische Bedeutung als erst einmal um das Vertrauen der Menschen in das neue ZBgeld als Zahlungsmittel. Bezüglich dieser Frage ergeben Umfragen in allen betreffenden Ländern durchweg gleiche Resultate. Digitales ZBgeld, konkret etwa ein digitaler Euro, um auf breite Zustimmung zu stoßen:

  • muss zusätzlich zum weiter bestehenden Bargeld, nicht an dessen Stelle eingeführt werden (Ausnahme Skandinavien, dort macht man wg Bargeld kein Gedöns)

  • muss gegenüber dem bisherigen Bankenbuchgeld, ungeachtet systemischer politisch-ökonomischer Verbesserungen, persönliche Vorteile erlebbar machen, insb. erleich­ter­te Handhabung und Kostenvorteile (letztere sind realistisch, weil durch digitale Tokens vielstufige teure Interbanken-Zahlungsvorgänge abgebaut werden)

  • muss technisch sicher sein im Zahlungsvollzug, ebenso sicher vor Diebstahl, unbefugter Nutzung u.ä.

  • muss Vertraulichkeit in Gelddingen und überhaupt die finanzielle Privatsphäre gewährleisten. Digitales Geld kann das im Prinzip bereits auf technologischer Ebene gewährleisten, nicht nur auf Verwaltungs- und Rechtsebene, während im heutigen Bankengeldregime finanzielle Privatsphäre techno­lo­gisch faktisch nicht vorhanden ist. Banken, und über sie richterlich ermächtigte Staats­organe, haben vollen Zugriff auf unsere Finanzdaten. Welche Potenziale des digitalen ZBgeldes technologisch und rechtlich wie realisiert werden, bleibt eine politische Gestaltungsaufgabe.   

3. Ziele: 

a) Welche großen Ziele werden mit der Lösung angestrebt?

Kurzfassung der Antwort:

Mit Demokratie, ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Chancengleichheit hat Vollgeld direkt faktisch wenig zu tun, kann es in der Sache auch nicht. Das sind politische Aufgaben der Finanz-, Wirtschafts-, Umwelt-/Klima-, Sozial- und Bildungspolitik u.a. jenseits der ZB-Geldpolitik.

 

Mit Allokations- und Verteilungs-Gerechtigkeit hätte ein reines Vollgeldsystem (nicht nur ein ZBgeld -Bankengeld-Mischsystem) indirekt und im Aggregat insofern etwas zu tun, als man erwarten kann, dass infolge einer erhöhten staatlichen Erstver­wend­ung von neuem Geld sowie einer, freilich nur begrenzt wirksamen, makroökonomischen ZB-Kredit­konditio­nalität gegenüber Banken/FI, die Erstverwendung von neuem Geld für Nicht-BIP-Finanz­geschäfte anteilig reduziert werden kann zugunsten eines erhöhten direkten Geldflusses in realwirt­schaft­liche Verwendungen.

 

Dagegen kann ein Vollgeldsystem erheblich zum guten Funktionieren und zur stabilen Entwicklung der Finanz- und Realwirtschaft überhaupt beitragen, inklusive stabilem Binnenwert des Geldes und stabilem Außenwert der Währung, dadurch indirekt auch zu politischer Stabilität – was beides zweifellos zu stabilem Wohlstand und Lebensqualität beiträgt. Dies dadurch, dass Geld­politik in einer Vollgeld­ordnung sowohl unmittelbare Mengenpolitik als auch Zinspolitik sein kann, wobei von beiden, im Gegensatz zu heute, infolge einer kritisch großen Masse an Vollgeld im allgemeinen Umlauf eine direkte starke Transmissions­wirkung ausgehen würde.

 

Ebenso entsteht bei Vollgeld ein erhöhter Geldschöpfungsgewinn zugunsten der Staats­kasse, vielleicht auch zugunsten einer direkten Bürgerdividende, sowie außerdem (aber nur in begrenztem Maß möglich) erhöhte direkte monetäre Beiträge zur Staats­finan­zierung.  

Ob dies (1) eine erweiterte Staatstätigkeit und einen erhöhten Anteil an Staatsausgaben zur Folge hat, oder (2) eine verringerte Staatsverschuldung, oder (3) eine Verringerung der Steuer- und Abgabenlasten, hängt von der jeweiligen Politik ab und ist im Vorhinein nicht abzusehen.

Langfassung der Antwort: 

Solche Zielvorstellungen gehören nach meinem Verständnis nicht in den Rahmen der Geld­ordnung, jedenfalls nicht in den der Vollgeldtheorie bzw Geldpolitik unter Vollgeld­bedin­gun­gen. Als Thema gehören sie zwar partiell in den Rahmen einer Kritik des beste­hen­den Bankgengeldregimes. Ansonsten aber gehören die genannten "Ziel­stel­lun­gen" zur Finanz- und Wirtschaftspolitik und noch andere Politikfelder. Die Geldschöpfung sollte nicht mikroökonomisch uno actu mit der Geldverwendung verbunden sein wie beim heutigen Bankengeld. Zwar gibt es auch mit Vollgeld makroökonomisch eine Erstzuteilung oder Erstkreditierung neuen Geldes, was gewisse breitere Erstverwendungs-Zwecke bei der Regierung bzw den Banken/Finanzinstituten [FI] impliziert, aber doch eher unspezifisch.

 

"Demokratisierung" des Geldes oder des Geldsystems, was soll das sein? Gibt es eine 'demo­­kratische Rechtsprechung'? oder einen 'demokratischen Verwaltungs­vollzug'? Verschwommene Verständnisse von 'Demokratie' haben, neben beliebig verallge­meiner­ten Partizipationsvorstellungen, meist etwas mit sozio-ökonomischer Gerechtigkeit zu tun (nach durchaus pluralen Gerechtigkeitsbegriffen), und da speziell auch mit Einkommens- und Vermögensgerechtigkeit. Das ist gesellschaftlich und politisch gewiss von größter Relevanz. Aber mit der Geldordnung hat es letztlich weniger zu tun als man zunächst meinen könnte.               

 

Demokratie bezieht sich auf Verfahren der Entscheidungsfindung, ein­schließ­lich Regeln der diesbezüglichen Partizipationsberechtigung. Das Geldsystem kann – und soll meines Erachtens – durch demokratische Politik und Gesetzgebung konstituiert sein. Jenseits dessen aber findet im Geldsystem bei allen Akteuren, einschließlich der ZBen, 'individuell' selbstbestimmtes Handeln im Rahmen der rechtstaatlichen Vorgaben bzw Spielräume statt. ZB-Vorgaben bzgl der Geldverwendung, der Allokation von Mitteln und der Ein­kom­mensverteilung gehören nicht dazu.

                                        

Was sozial-ökologische Kriterien für die Geldschöpfung betrifft, muss ich sagen, dass ich von 'grüner' ZB-Geldpolitik nicht viel halte, auch wenn manch andere Vertreter einer Voll­geld­reform das anders sehen. Meines Erachtens ist es ordnungs­politisch nicht Sache der Geldschöpfung und Geldpolitik, sozial- und umwelt-/klima­politische Geld­verwendungs­vorgaben zu machen oder diesbezüglich Kreditkonditionen aufzustellen. Die Regierung kann das machen bei der Vergabe von Fördermitteln/Subventionen, auch private, kom­munale und nicht zuletzt auch staatliche Banken können, und sollen ggf durchaus, ihre Kreditvergaben an 'grüne' Konditionen knüpfen – nicht aber die ZB in Ausübung ihrer makroökonomisch angelegten Geldpolitik.

 

Unabhängig davon, was ZB normativ tun sollen, sie können zu sozial-ökologischen Zielen faktisch auch nichts Wesentliches beitragen. Was bedeutet es schon, wenn ZB Unter­nehmens­anleihen von 'grünen' Großkonzernen (falls es die überhaupt gibt) für ZB-fähig erklären und bei Offenmarkt-Operationen aufkaufen? Bezüglich Investitions- und sonstigem Kapitalmarktkredit nützt das allenfalls indirekt ein wenig, direkt dagegen praktisch nichts; außer dass ZBen, die das tun, wett­be­werbs­­rechtlich Ärger bekommen und die ZB-Kriterien­sets für 'grüne' Konzerne ökobilanziell und investiv sicherlich so problematisch und anfechtbar wären wie der aktuelle Geldanlagehype in 'grüne Aktien' bzw ESG-Aktien.      

 

Umwelt-/klimapolitisch effektiv könnte eine ZB nur sein, wenn sie zentralistisch-büro­kra­tische Kreditlenkung betreiben würde. Das jedoch sollen ZBen nicht, allen­falls und partiell im zeitweise erklärten Ausnahme­zustand.

 

Im heutigen Geldsystem ist eine Trennung von Geld und Kredit, von Geldschöpfung und Geldverwendung, realiter kaum darstellbar, weil das sog. Kredit-und-Schulden­geld der Banken integraler Bestandteil der Finanzwirtschaft ist. Das Geld ist in seinem Bestand und Wert somit vollständig den bestehenden finan­ziellen Risiken ausgesetzt, anstatt eigen­ständig bestandsicheres Vollgeld zu sein, das nicht davon tangiert ist, ob die Finanz­wirt­schaft, einschl. der öffentlichen Finanzen, gut läuft oder sich im Krisenmodus befindet. Das geldsystemische Reformprinzip der Trennung von Geld und Kredit (mit den Banken als Geldverwendern, der ZB als Geldschöpfer) wurde in der Currency School des 19. Jhds in dieser Weise auf den Punkt gebracht. Die heutige Ökonomik versteht das weitgehend nicht, egal welcher Couleur, auch der Postkeynesianismus überwiegend nicht, da sie fast alle von der falschen Identität von Geld und Kredit ausgehen, wie diese sich problem- und krisen­reich mit der Ausbreitung des Bankengeldregimes verfestigt hat.     

 

Im Normalbetrieb ist die Kredit-Finanzierung sozial-ökologischer Politik Sache der staat­lichen Finanzpolitik und der privaten Finanz­märkte. Die ZB-Geldpolitik kann in begrenztem Maß zu monetärer Staatsfinanzierung beitragen, aber wofür das jeweilige Kabinett und Parlament das Geld verwenden, ist deren Sache, nicht Sache der Zentralbank. Letztere ist dafür fachlich auch nicht kompetent.

 

Das gilt zumal vor dem Hintergrund, dass ein Vollgeldsystem ordnungs­politisch eben auf der Trennung von Geld­schöpf­ung und Geldverwendung beruht, nicht wie heute auf der fälschlich postulierten Identität von Geld und Kredit. Von daher verbindet sich der Vollgeld­­ansatz mit einer Rollen- und Funk­ti­o­­­nenver­teilung, in der Tat Gewaltenteilung, zwischen monetären, fiskalischen und kreditär-finanzmarktlichen Funktionen. Die Zentral­bank soll, möglichst unabhängig, Geld schöpfen, nicht aber vorgeben, was Staat, Banken/FI und Nichtbanken mit dem Geld machen.

 

Eine Zentralbank kann in einem Vollgeldsystem gutes Funktionieren und Stabilität des Geldsystems gewährleisten, und damit zu finanz- und realwirtschaftlicher sowie politischer Stabilität beitragen soweit das Geldsystem dafür von Belang ist. Dennoch, das Geld­system ist zwar eine bedeutende Grundlage bzw Rahmenbedingung der Finanz- und Realwirt­schaft, es kann und soll aber nicht deren Aufgaben übernehmen.

                                                                                                                                      

Auch was die "Riesenvermögen und Kapitalakkumulation" angeht, so ist dafür in einem Vollgeldsystem nicht die Geldpolitik der richtige Adressat, sondern die Fiskal- und Finanz­markt­politik. Heute dagegen haben die sich aufschaukelnden Riesenvermögen schon auch unmittelbar etwas mit dem Bankengeld­regime zu tun. Denn die Banken­geldschöpfung fließt bereits mikrostrukturell, an der Quelle der Bankenkreditgeldschöpfung, zu einem erheb­lichen Teil direkt in Nicht-BIP-Finanzen, die nichts zur Finanzierung der Realwirt­schaft beitragen (statt in BIP-Finanzen zu fließen, die eben der Finanzierung der Real­wirt­schaft dienen). Bei K. Marx heißen die Nicht-BIP-Finanzen 'fiktives Kapital'. Nur lässt sich mit dieser 'Fiktion' jede Menge Geld machen, mit dem man in der Realwirtschaft beliebig kann einkaufen gehen.

 

Ein Vollgeldsystem kann Geldschöpfung für eine Erstverwendung in Nicht-BIP-Finanzen in gewissem Maß ausschließen – umso mehr, je mehr neues Geld zur Erstverwendung in Staatsausgaben fließt, nicht in ZBkredit an Banken/FI. Damit wäre exzessiven Finanz­markt­blasen wohl ein Stück weit vorgebeugt. Aber dennoch kann auch ein Vollgeldsystem Folge­ver­wen­dungen des Geldes für Nicht-BIP-Finanzen nicht ausschließen. Soll es auch nicht generell, da eine breite Ersparnis-, Vermögens- und Eigenkapitalbildung in den Grenzen finanzieller Tragekapazität der Wirtschaft etwas grundsätzlich Wünschens­wertes ist.       

 

Das es Grenzen der monetären Absorptionsfähigkeit und finanziellen Tragekapazität einer Wirtschaft gibt, bestreitet wohl niemand, nicht einmal die MMT. Aber praktisch-operativ etwas Wesentliches dazu aussagen kann man bisher nicht, allenfalls in ersten, empirischen Pi-mal-Daumen-Schätzungen im Rückblick auf bisherige Krisen. Das ist eine große Wissens­lücke. Auch der Vollgeldansatz kann diese Lücke nicht schließen, gibt der ZB aber eher die Mög­lich­keit einer Geldpolitik, sich an solche Grenzen heranzutasten bzw ihre Über­schrei­tung – die im Bankengeldregime wiederkehrend geschieht – zu vermeiden. 

 

Jedenfalls, grobe finanzmarktliche Ge- oder Verbote helfen da nicht viel. Die Unwirk­sam­keit des ameri­ka­nischen Trenn­banken­systems der 1930er bis Ende der 1990er hat das gezeigt, da die sog. Geschäftsbanken den Investitionsbanken jederzeit jede Menge Kredit in Bankengeld ausstellen konnten. Und selbst wenn in einem Voll­geld­system Banken alles zu 100% finanzieren müssen, kann man die Banken nicht daran hindern, dass sie ggf zu viele ihrer Mittel in Nicht-BIP-Finanzen stecken. Es sei denn, wiederum, man denkt an Detail-interventionistische Kreditlenkung durch die ZB. Erfahrungsgemäß führt aber auch das zu einer Häufung von sektoralen Fehlinvestitionen und Fehlentwicklungen.

b) Welche Unterziele werden zur Erreichung der großen Ziele angestrebt?

Was ich dazu sagen kann, gilt nicht speziell für Vollgeld allein, sondern wohl allge­mein. Im Maße wie Inflationskontrolle von der Kontrolle über Geldmengen und Zinssätze abhängt, kann Inflationspolitik in einem Vollgeldsystem viel wirksamer erfolgen als heute. Allerdings hängt das Inflationsgeschehen nicht nur von monetären Faktoren ab. Alle Arten von strukturellen Nachfrage-Angebots-Mismatches können zu Inflation bzw Deflation führen.    

 

Dass man Inflation möglichst gering hält und Deflation möglichst vermeidet, ist an und für sich eine Selbstverständ­lich­keit, ebenso, dass man Staats­verschuldung im Übermaß möglichst vermeidet (denn selbst wenn ein souveräner Staat, hypothetisch, beliebig hohe Schulden machen kann, wird der Devisenmarkt die betreffende Währung nicht 'beliebig' akzeptieren, sondern abwerten oder überhaupt ablehnen, abgesehen von unabhängig davon aufkommenden binnenwirtschaftlichen Inflationspotenzialen).

 

Dass man sich diesbezüglich fixierte Parameter setzt, übrigens erst seit jüngerer Zeit (Infla­tion von oder nahe unter 2%, oder Staatsmehrverschuldung maximal 0,35% BIP), halte ich jedoch für eine kontraproduktive Selbstfesselung angesichts einer kurz- wie langfristig stets dynamisch schwankenden Wirtschafts­dynamik. Die Geld- und Fiskalpolitik muss so flexibel bleiben wie alle anderen Faktoren des Wirtschafts­geschehens variabel sind.    

 

Auch die Geldmenge ist kein sinnvolles Ziel, sondern ein Instrument der Geldpolitik – jedenfalls in einem Vollgeldsystem, während Geldmengenpolitik im bestehenden Bankengeldregime längst nicht mehr möglich ist. Das gilt in ähnlicher Weise auch für das Niveau der ZB-Basiszinsen.

 

Kreislaufwirtschaft und sonstige Ökologisierung des industriellen Stoffwechsels sehe ich wiederum in erster Linie als eine Aufgabe der entsprechenden Regulierung von relevanten Technikbereichen und Industrie- und Handelssektoren, ebenso der sonstigen Fiskal-, Wirtschafts- und Umweltpolitik. Geldpolitik, wie gesagt, hat damit nichts zu tun.     

4. Definition und Bezugstheorien

a) Wie wird "Geld" in diesem Kontext definiert?

Geld ist ein allgemein gebräuchliches Zahlungs­mittel, um Verbindlichkeiten (Schulden) aller Art zu begleichen. Das Geld als Zahlungsmittel ist nicht zu verwechseln mit bargeldlosen Zahlungsverfahren i.S. technischer Methoden, durch die unbare Geldguthaben übertragen werden. Geld ist in einer Währungs­einheit denominiert, in aller Regel die jeweilige nationalstaatliche monetäre Recheneinheit (der Euro Nationen-gemeinschaftlich).

Während Kredit ein 'soziales Verhältnis' zwischen Gläubiger und Schuldner darstellt, ist Geld kein solches, sondern ein Instrument (social medium) der Gestaltung der sozialen Verhältnisse des öffentlichen und privaten Wirtschaftens.

 

Geld wird heute von unterschiedlichen Emittenten (Schöpfern) in unterschiedlichen Geldarten und Geldformen herausgegeben. Heute besteht Geld teils als staatliches Geld (Münzen, ZBnoten, ZBreserven) sowie, überwiegend, als privates Geld (Bankengeld [Nichtbanken-Gut­haben auf Bankkonten], E-Gelder, Geldmarktfonds-Anteile, daneben in geringerem Umfang Stablecoins sowie lokale/kommu­­ni­täre Komplementärwährungen).

Wenn man die Kategorie Geld normativ nur für die Geldbasis/das Basisgeld auf erster Stufe der Geldtaxonomie gelten lassen will, ist Bankengeld ein Geldsurrogat auf zweiter Stufe, die anderen Geldsurrogate dritter Stufe.  
Der Geld- und Währungsstatus ungedeckter privater Kryptowährungen ist nicht geklärt und bleibt weiterhin umstritten.

b) Gibt es spezifische Merkmale oder Eigenschaften des Geldes, die in dieser Lösung betont werden?

Vollgeld ist unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel, staatliches Geld herausgegeben von der jeweiligen ZB oder, vor allem historisch und in Einzelfällen der jüngeren Geschichte, von der Regierung bzw dem Finanzministerium. Vollgeld ist Fiatgeld in eigenem Hoheitsrecht, und Basisgeld für Geldsurrogate soweit diese geduldet werden. Diese Ausdrücke stehen in ver­schie­denen Theorie- und Diskurskontexten, bezeichnen dabei aber denselben Gegenstand.

 

Das Vorhandensein von Vollgeld begründet noch keine Vollgeldordnung oder Vollgeldsystem. Davon kann man erst sprechen, wenn Vollgeld in voller Konsequenz eines staatlichen Geldmonopols die alleinige Geldart in den Formen von Bargeld, Buchgeld und Digitalgeld wäre, zumindest aber in einem gemischten Geldsystem das eindeutig dominante Geld ist, das heißt, die vorherrschende und die Funktionsweise des Geldsystems bestimmende Geldart.

c) Gibt es spezifische Termini oder neue Konzepte, die in dieser Lösung verwendet werden und erklärt werden müssen? Welche relevanten Bezugstheorien oder Ansätze beeinflussen diese Lösung?

Es gibt Theorie- und Reformansätze, die man teilweise als Vorläufer des Vollgeldansatzes und der damit einher gehenden kritischen Geldsystemanalyse ansehen kann, und andere zeitgenössische Ansätze, mit denen gewisse Schnittmengen bestehen.

 

Zu den teilweisen Vorläufern gehören die Konzepte staatlichen Papiergelds seit um 1700, die britische Currency School (freilich ohne kontraproduktive Golddeckung des Geldes), die Theorien der Kreditgeld- bzw Fiatgeldschöpfung seit um 1900, darunter auch die Gesellia­nische Staatsgeldschöpfung (freilich ohne Schwund-Faktor), mehr noch der Social Credit Ansatz nach C.H. Douglas in den 1910-20er Jahren, gefolgt vom Konzept des 100%-Reservebanking der 1930er Jahre nach Plänen der frühen Chicago Schule und von Irving Fisher. Wenn man will, kann man auch stets vorhanden gewesene Konzepte monetärer Staatsfinanzierung ein Stück weit hier einbeziehen.

 

Es gibt weitere Ansätze, mit denen teils systemanalytische, teils reformkonzeptionelle  Über­­­­­lappungen vorhanden sind, zugleich aber auch erhebliche Differenzen. Dazu gehören die Neoösterreichische Schule (bzgl Kritik des fraktionalen Reserve­banking), historisch-institutionelle Ökonomik, diverse Strömungen des Postkeynesianismus, der französisch-italienische Circuitismus, zuletzt auch die amerikanische Modern Money Theory.

Die Lösung

Warum baue ich die Lösung so, um die geschilderten Probleme lösen zu können? Wie werden das neue Geld, seine Institutionen und damit das neue Geldsystem gestaltet und wie trägt es so zur Erreichung der Zielstellung bei?

5. Die Lösung:

a) Geldschöpfung: Wie wird das Geld geschaffen und in Umlauf gebracht?

- folgt -

b) Deckung: Wodurch ist das Geld gedeckt?

Der Wert bzw die Kaufkraft eines Geldes ist gedeckt durch die Produktivität der Wirtschaft und die politische Stabilität eines Währungsraumes, außerdem finanziell durch den internationalen Wechselkurs einer Währung sowie die in einer Wirtschaft vorhandenen Vermö­genswerte – lauter Variable, die in Rückkopplungsschleifen voneinander abhängig sind.

Eine Deckung von Vollgeld (wie früher durch Goldreserven) ist unnötig, ja schädlich als künstliche Fixierung einer eigentlichen Variable. Vollgeld ist modernes staatliches Fiatgeld/Basisgeld, das keiner monetären Deckung bedarf und nicht in anderes Geld eingelöst werden muss. Das schließt nicht aus, dass ZB- an Banken durch ZB-fähiges Kollateral besichert werden. Es schließt dagegen ein, dass ZB-Vollgeld an die Regierung auch als ungedeckter Buchgeld­kredit vergeben sowie als originäre Seigniorage schuldenfrei übertragen werden kann (s.u.).

c) Geldmenge: Wie wird die Geldmenge kontrolliert und reguliert?

Auch in einem Vollgeldsystem kann und soll Geldmenge in erster Linie der Nachfrage nach Geld folgen (Kunden fragen nach Kredit bei Banken/FI, diese fragen ggf nach  am Geldmarkt sowie bei der ZB). Der Unterschied zu heute liegt hier darin, dass die ZB nicht sachzwanghaft die (Re-)Finanzierungsnachfrage der Banken/FI und auch Staatsanleihen akko­mmodieren muss, sondern sie ggf Nein sagen kann, oder nur weniger herausgeben kann als die Banken und die Regierung gerne hätten.

 

Darüber hinaus kann die ZB im Rahmen ihrer unabhängigen monetär bestimmten Geldpolitik  der Reg neues Geld i.S. begrenzter monetärer Staatsfinanzierung zukommen lassen, insb
- per stehendem aber begrenztem Dispokredit der Reg bei der ZB (Überbrückungskredit)

- per direktem Ankauf von Staatsanleihen (faktisch ohne Zins, aber mit Tilgung)
- per Umwandlung von Staatsanleihen in ZB-Besitz in zinslose aber kündbare Daueranleihen
  (zero-coupon perpetual consols, kurz consols)      

- als originäre Seigniorage schuldenfrei (ohne Zins und Tilgung), oder aber solches Geld als
  Bürgerdividende an der Reg vorbei.

 

Wie viel neues Vollgeld zu welchem Zins die ZB herausgibt, bestimmt sie aufgrund ihrer lfd makroökonomischen Analysen und Prognosen, bzw, ähnlich wie heute, in Reaktion auf Markt-Zinsentwicklungen und Änderungen in der strukturellen Zusammensetzung der Geldnachfrage.

 

Die ZB kann Vollgeld-Kredite für Banken/FI makrostrukturell an bestimmte Erstverwendungen des Geldes knüpfen (privat vs öffentlich, Nicht-BIP- vs BIP-Finanzen). Ob die Dimension Umwelt-/Klima-dienlich vs  Umwelt-/Klima-schädlich auch dazu gehört, da bleibe ich skeptisch. Die Umweltintensität und Ökobilanz von etwas ist eine vertrackte Sache.

Jedenfalls, eine ZB als staatliche Geldbehörde soll möglichst keine direkte Kredit­lenkung betreiben (i.S. der Funktionenteilung von monetären, fiskalischen und kreditär-finanzmarkt­lichen Funktionen). Umwelt- und klimadienliche Investitionen müssen durch Regulierung, Fiskal- und Förderpolitik, und staatliche Investitionsbanken auf den Weg gebracht werden; und durch die sonstigen Kapital- und Finanzmärkte selbst.

d) Kredit und Schulden: Wird Geld weiterhin durch Kredit erzeugt? Gibt es in Fällen Zins und Zinseszins?

Geldschöpfung "durch Kredit" ist eine verbreitete aber missverständliche Ausdrucksweise. "Kreditgeld" oder "Schuldengeld" sind handliche Metaphern, die allzu wörtlich genommen irreführen. Bankengeld wird von den Banken im Prinzip freihändig erzeugt, wenn auch unter gewissen Voraus­setzun­gen und Rahmenregeln,  

- im Zusammen­hang mit der Ausstellung von Bankenkredit an Nichtbanken bzw

- bei Aktiva-seitig bilanzierbaren Wertpapier- und Güterkäufen von Nichtbanken,

'bezahlt' in Form einer Kontogutschrift per Federstrich oder Mausklick. Das war ursprünglich ein Ersatz für die Auszahlung in ZBgeld. Im Verlauf von über einem Jahrhundert aber ent­wickelte sich die Übertragung von Kontoguthaben zur heute allg üblichen bargeldlosen Zahlungsweise, wodurch die Giroguthaben selbst zu unbarem Geld wurden, dem Giralgeld oder Bankengeld.

 

Vollgeld wird durch einen Schöpfungs­akt qua staatlicher Währungs- und Geldhoheit erzeugt. Vollgeld kann nicht-kreditär per originärer Seigniorage in Umlauf gebracht werden, jedoch ebenso zu einem variablen Teil weiterhin auch per ZB-Kredit. Das bleibt nötig zur kurz- und lang­fristigen Readjustierung der vorhandenen Geldmenge. Diesem Zweck dient weiterhin auch Offen­markt­politik wie heute.

 

Allerdings, für eine stimmige Rechnungslegung i.S.d. Unterschieds von Geld und Kredit wäre eine Änderung der Buchungs- und Bilanzierungspraktik der ZB-Geldschöpf­ung wünschenswert, und zwar dahingehend, dass Vollgeld von Beginn an immer nur Aktivgeld, nie Passiv­geld ist (nach Th. Mayer). Dazu gibt es Ansätze, zum Beispiel, Vollgeld bei der ZB als eine neue Kategorie von 'Eigenkapital' einzubuchen. Kann man machen. Ist aber noch immer nicht ganz stimmig, weil solches 'Eigen­kapital' ja kein haftendes Geschäftskapital ist. Als weitere Alternative, ausgehend von Ricardos Plan für eine ZB, habe ich das Konzept eines currency register bzw. Geldregisters entwickelt. Durch ein solches wird eine separate souveräne Aktivgeld-Schöpfung möglich, sowohl für kreditäre Zwecke als auch für eine schuldenfreie originäre Seigniorage. Die verzinsliche Kreditierung solchen Aktivgeldes von der ZB an Banken/FI wäre damit auch buchhalterisch-bilanziell sauber dargestellt.

[Gibt es in Fällen Zins und Zinseszins?] 

Ja, Zins im letztgenannten Fall des ZB-Kredits an Banken/FI. In der Finanzwirtschaft sonst bleibt der Zins als ZB-Basiszins und Kredit- bzw Kapitalmarktzins unersetzlich.

Was den Zinseszins angeht, so entsteht solcher unvermeidlich, freilich auch hier in unter­schied­­licher und begrenzter Weise. In religiösen oder subkulturellen Zins- und Wucherkritiken wird das abstrakte Rechenmodell des Zinseszinses gern mit der Wirklichkeit verwechselt. Unabhängig davon ist es in der Tat so, dass infolge fortlaufender Vermö­gens­­­verzinsung und Gewinn­steige­rungen zweitweise immer wieder sagenhafte Vermögen entstehen, etwa die der US-Industrie­barone um 1900, heute die aktuellen US-Vermögen der Magnificent Seven, oder auch die arabischen, norwegischen u.a. Ölvermögen. Das ist, bei großen wie kleinen Vermö­gen, bisher immer historisch temporär geblieben. In der realen Welt brechen die rekursiven Wertsteigerungs-/Verzinsungsketten früher oder später ab. Zu den Gründen gehören Vermö­gens­aufzehrung und/oder Vermögensverluste und/oder Kaufkraftverluste durch Inflation und Währungsabwertung. Unge­­achtet dessen bleibt Einkommens- und Vermögenspolitik Sache der Fiskalpolitik, sonstiger Politik, auch der Einkommenspolitik der Tarifpartner wo es sie gibt, nicht aber der Geldpolitik.    

e) Finanzmärkte: Wo liegt die Notwendigkeit von Kapital-, Devisen- und Aktienmärkten?

Ich nehme an, die Frage zielt auf jene Kapitalmarkt-Segmente, die überwiegend oder über­haupt nur der sog. Spekulation dienen, etwa den Großteil des Derivatehandels, allg gesagt, den Nicht-BIP-Finanzen. Das kann schon problematisch sein, aber auch das hat mit Vollgeld wenig zu tun, erheblich mehr dagegen mit dem heutigen Bankengeld, soweit dieses von vornherein direkt in Nicht-BIP-Finanzen fließt. Soweit hieraus Probleme von Relevanz für die Allgemeinheit entstehen, was bei Banken/FI in der Tat der Fall sein kann, gehört das durch Finanzmarkt-Regu­lierung geregelt. Per Geldordnung ginge das überhaupt nicht. Ein System von Geldverwendungs-Vorschriften würde die ZB als zentralplanerischen bürokratischen Behemoth etablieren und Entwicklungen in Richtung Überwachungs- und Bevormundungs-Staat ("Großer Bruder") begünstigen.

f) Kapitalakkumulation: Ist es weiterhin möglich aus Geld mehr Geld zu machen? Wie entsteht Profit? Und braucht es weiterhin Eigenkapital?

Zu alldem, Ja, gewiss. Vollgeld ist ein Realweltkonzept.

g)    Ökonomische Bewertung: Weiterhin BIP? Wie werden ggf. sozial-ökologische Kriterien definiert und kontrolliert?

Ich würde sagen, BIP als hochaggregiertes Einkommensmaß der Gesamtwirtschaft, Ja, nicht fallen lassen; wobei es jedoch sehr sinnvoll ist, das BIP durch Indikatorsysteme der Lebens­qualität, sozialen Lebenswelt und Ökosystemqualität zu ergänzen. Die Versuche, Letztere in das BIP selbst zu integrieren, funktionieren nicht, weil das zu viele kontroverse normative Festlegungen und anfechtbare Schätzungen beinhaltet, sodass die sich ergebenden Indika­to­ren keine allgemeine Anerkennung und Anschlussfähigkeit mehr besitzen.

h)    Zentralbanken: Was ist die Rolle der Zentralbank(en)?

Ein großer Teil der F&A dieser schriftlichen Befragung bezieht sich von Beginn an und auch noch im Nachfolgenden auf die Rolle der ZBen.

i)    Banken & Finanzinstitute: Welche Rolle spielen Banken oder andere Institutionen in diesem Geldsystem?

Banken/FI und Finanz- bzw Kapitalmärkte sind eine unabdingbare Voraussetzung des Wirt­schaftens. In der heute praktisch vollständig monetarisierten und finanzia­li­sierten Wirtschaft muss fast alles vor-finanziert werden, damit es geschehen kann. Von daher haben Banken eine veritable sozialgestalterische Funktion, im Guten wie im Schlechten.

Von Banken, anderen FI und sonstigen Firmen in einer Marktwirtschaft kann und soll man nicht erwarten, sich nicht gewinnorientiert zu verhalten, sofern es sich nicht um gemein­nützige Einrichtungen handelt. Dennoch ergibt sich für die Gewinn­erzielung der Banken in einer Vollgeldordnung eine grund­legende Änderung: Die Banken können sich nicht mehr selbst das Geld schöpfen, das sie für ihre Geschäfte benötigen, sondern sie müssen es zuvor bei wem und wie auch immer vollständig aufgenommen oder selbst erwirt­schaf­tet haben, ehe sie es selbst weiterverleihen oder investieren können. Dadurch gehen den Banken im Vergleich zu nicht-monetären FI privilegierte Finanzierungsvorteile verloren. Sie werden, was sie heute angeblich seien, es aber nicht sind: Finanzintermediäre wie andere FI. Dadurch können in einem Vollgeldsystem die ZBen die Überschießensdynamik des gesamten Finanzsektors (Banken und FI/Schattenbanken) erheblich dämpfen oder seine Wachstumsrate in proportionaler Weise begrenzen. 

j)    Regulierung: Braucht es weiterführende Regulierung in der Lösung? Was ist mit bestehender Banken- und Finanzmarktregulatorik?

In der Banken- und Finanzmark­t­regulierung können jene Elemente fallen gelassen werden, die aufgrund der Probleme des fraktio­nalen Reservebankings entstanden sind, insb den speziell damit verbundenen Liquiditäts- und Solvenzrisiken der Banken. Das wäre schon vieles, wenn man alleine an den ich glaube über 800 Seiten umfassenden Dodd-Frank-Act nach 2008 denkt. Aber dennoch dürften Banken/FI/Versicherungen umfangreich reguliert bleiben. Das hängt mit der Risiko-behafteten Eigenart von Finanzgeschäften an und für sich zusammen.  

Größerer Kontext

Unsere Gesellschaft und auch die Zukunft des Geldes bewegen sich in einem Spannungsfeld von grundsätzlichen Fragen. Wie verhält sich oder bettet sich die Lösung in diese Marko-Fragen?

6. Demokratie, Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft

a)    Wie wichtig ist die Demokratisierung der Gesellschaft für die Lösung und gibt es konkret vorgeschlagene Maßnahmen dafür?

- folgt -

b)    Marktwirtschaftliche Prinzipien werden beibehalten?

Eine Vollgeldordnung stellt die vielfältigen Formen von Eigentumsrechten und vertraglich begründete Forderungen und Verbindlichkeiten in keiner Weise in Frage, vielmehr beruht sie darauf wie jedes vernünftige Wirtschaften und Zusammenleben. Marktwirtschaft ist unter hochentwickelten Bedingungen inter-/nationaler Arbeitsteiligkeit zumeist die natürlichste, sach­dien­lichste, effizienteste Art, die Wirtschaft zu ­organisieren. Das schließt einen differenzierten rechtlichen, obschon möglichst unbürokratischen  Ordnungs­rahmen für die Makro- und Mikrostruktur der  Wirtschaft mit ein. Das Vollgeldkonzept lässt sich – nicht nur, aber auch – in der Nachfolge des Ordoliberalismus bzgl Geld und Banken verstehen.

 

c) Wird die heutige Rolle des Eigentums in einer Form angetastet?

Eine Vollgeldordnung stellt die vielfältigen Formen von Eigentumsrechten und vertraglich begründete Forderungen und Verbindlichkeiten in keiner Weise in Frage, vielmehr beruht sie darauf wie jedes vernünftige Wirtschaften und Zusammenleben. Marktwirtschaft ist unter hochentwickelten Bedingungen inter-/nationaler Arbeitsteiligkeit zumeist die natürlichste, sach­dien­lichste, effizienteste Art, die Wirtschaft zu ­organisieren. Das schließt einen differenzierten rechtlichen, obschon möglichst unbürokratischen  Ordnungs­rahmen für die Makro- und Mikrostruktur der  Wirtschaft mit ein. Das Vollgeldkonzept lässt sich – nicht nur, aber auch – in der Nachfolge des Ordoliberalismus bzgl Geld und Banken verstehen.

 

d) Wird die zunehmende Digitalisierung & Automatisierung in der Lösung berücksichtigt?

Zum 'Wie' könnte ich nur ungefähr etwas sagen, da ich kein IT-Experte bin. Jedenfalls kommt neues Vollgeld als digitales tokenisiertes Geld. Die Tokenisierung staatlichen ebenso wie privaten Geldes ist für das Geld, die Geldordnung, den Zahlungsverkehr und seine private ebenso wie öffentliche Ver­walt­ung von größter Relevanz; zum Beispiel im Zusammenhang der Gewähr­leistung der Daten­sicherheit, des Datenschutzes und der finanziellen Privatsphäre, oder was die Effizienz der direkten P2P-Übertrag­ung von digitalen Tokens angeht (geringere Energie- und Personalintensität und damit geringere Kosten bzw günstigere Servicepreise).   

e) Wo ist die Lösung auf einer Achse von Zentralisierung-Dezentralisierung (Staat vs. Privat) anzusiedeln?

In einer kompletten Vollgeldordnung ist die Geld­schöpf­ung bei der ZB zentralisiert i.S. der Ausübung der staatlichen Währungs- und Geld­hoheit. Auch in einem ZB/Banken-Mischgeld-System wäre die Geldschöpfung umso zentralisierter, je weniger Bankengeld und andere Geldsurrogate bestünden. Wie man seit den Zeiten unregulierter Papiergeldschöpfung durch Privatbanken und fürstliche Kassen nur zu gut weiß, gerät dezentrale Geldschöpfung in mehrerlei Hinsicht immer wieder disfunktional außer Kontrolle, richtiger, außer Rand und Band, überschießend bis zum Zusammenbruch. Der Markt fabriziert im Fall der Banken­geld­schöpfung und der Nicht-BIP-Finanzen immer wieder über­wiegend positive Selbst­über­steige­rungs-Loops statt negativer selbstbegrenzender Rück­kopp­lungen (wie sie in den Lehrbüchern allzu pauschal als vermeintlich genereller Marktgleichgewichts-Mechanismus postuliert werden).

 

Die Geldverwendung dagegen kann und soll weitestmöglich marktwirtschaftlich-dezentral erfolgen, unbe­schadet staatlicher Fiskalpolitik und als erforderlich erachteter Staats­inter­ventionen jenseits der reinen Gesetzgebung (Sozial­trans­fers und Wirtschafts­sub­ven­tio­nen).       

 

f) Welche Rolle nimmt die „ökologische Frage“ in der Lösung ein?

In der Geldpolitik i.e.S. keine besondere. Das ist im Vorhergehenden wiederholt erläutert worden.

 

​g)Wie steht die Lösung zur Wachstumsfrage und dem Gebot, immer weiter wachsen zu müssen?

- folgt -

Ausblick

Wo liegen Problemfelder für die Lösung und wie kann eine erfolgreiche Transformation gelingen?

7. Potentielle Problemfelder der eigenen Lösung: 

Jede in die Zukunft projizierte Idee und Lösung, besonders dieser Tragweite, bewegt sich im Unbekannten.

 

a) Welche Risiken oder negative Auswirkungen, könn(t)en bei der Lösung auftreten?

Ich sehe erst einmal die genannten Vorteile einer Vollgeldordnung.

Spezielle funktionale Risiken einer Vollgeldordnung haben wir, trotz anhaltend gutem Willen, bisher keine entdeckt. 

Tatsächliche Risiken liegen außerhalb des Konzepts: falsche Einschätzung von Gegeben­heiten und Trends, schlechte Politik und Geldpolitik, menschliche Irrtümer und Inkom­pe­tenz, vorsätzliche Beugung von Regeln, Amtsmissbrauch, absichtliche Störmanöver u.a.m. Halt wie immer im wirklichen Leben. Da kann aber keine Geldart und kein Geldsystem etwas dafür bzw dagegen.    

 

Noch nicht wirklich absehbar ist die Rolle, die ungedeckte private, und wohl auch international verbreitete  Kryptowährungen als direkte Herausforderer des national­staatlichen Banken- und ZBgeldes möglicherweise spielen. Meine vorläufige Einschätzung: keine große Rolle, da, zumindest bis auf weiteres, kein Staat als Garant auftritt, und in einer Krise – früher oder später gibt es Krisen – kann eine private Währung ohne einen starken Staat als Garanten nicht überleben. Allerdings, wer sagt, dass in einer solchen Situation der Staat nicht umhinkommt, auch private Kryptowährungen zu garantieren? …

 

[Welche Bedingungen müssen zwingend erfüllt sein, damit die eigene Lösung zu keiner Verschlimmbesserung führt?] Kaum zu sagen. Alles lässt sich, trotz Vorkehrungen und Kontrollen, in irgendeiner Weise falsch machen, missbrauchen oder sonstwie Fehlent­wicklungen unterliegen. Zum Beispiel bezieht sich der aktuelle Gruselhit bzgl des digitalen Geldes auf die Überwachung und bevormundende Programmierung des Geldes durch den 'Großen Bruder'. Egal was man davon hält (ich realiter nicht so viel), es gilt: Abusus non tollit usum. Das beinhaltet, seine Kräfte dem ordentlichen erwünschten Gebrauch der Sache zu widmen. Solange wir einen einiger­maßen funktio­nierenden Rechtstaat haben, der die bürgerlichen Freiheitsrechte gewähr­leistet und demokratisch geführt wird, sind solche Gruselgeschichten fehl am Platz. Stattdessen müssen wir uns um die entsprechende verfassungs- und rechts­konforme technologisch-organisatorische Ausgestaltung eines digitalen Vollgelds kümmern.   

 

b) Gibt es Themen, die in der Lösung kaum behandelt bzw. stark vernachlässigt? Wenn ja, warum?

Naja, um mich auch hier zu wiederholen. Gewisse Probleme der Finanzwirtschaft und der Wirtschaft überhaupt haben mit der heutigen Geldordnung zu tun, insb zum Beispiel die welt­weite Assetinflation der zurückliegenden Jahrzehnte, die systemdominante Rolle des monetären Bankenkredits (im Unterschied zum bloß intermediären Kredit), damit befeuert die beispiellose Aufblähung der Nicht-BIP-Finanzen relativ zu den BIP-Finanzen (die in die Realwirtschaft fließen), daraus folgend zentrifugale Einkommens- und Vermögens-Aufspreiz­ungen, neue soziale Klassen-Spannungen und politische Zerwürf­nisse, die den demokratischen Grundkonsens der Gesellschaft in Frage stellen.

 

Vollgeld kann zum Abbau dieser Problematiken beitragen. Aber, um hier kein Wunsch­denken zu nähren: Solche Probleme können im Prinzip auch in einer Vollgeldordnung letztlich nicht ausgeschlossen werden. Die holländische Tulpenmanie der 1630er beruhte noch allein auf inter­mediärem, nicht monetärem Kredit (außer dem Gebrauch von Handels­­wechseln), und Papiergeld gab es auch noch nicht. Das britische Currencysystem mit gold­gedeckten Zentral­banknoten des 19. Jhds wurde unter dem Druck heimischer Banken- und Industrieinteressen in Verbindung mit kolonia­lis­tischen Handelsinteressen von Beginn an verwässert, zeitweise suspendiert, und durch das sich anbahnende Banken­geldregime unterminiert.

 

Darüber hinaus bleibt erneut zu sagen: Die Zentralbanken, auch und gerade als Monetative in einer Vollgeldordnung, sind für das Geld und die Geldpolitik verantwortlich, für das gute Funktionieren und die Stabilität des Geldsystems als Grundlage und Beitrag zum guten Funktionieren der Finanzmärkte, der Realwirtschaft und der Politik. Zentralbanken und Geldpolitik können, in stets begrenztem Maß, können auch etwas zur Finanzier­ung von Staats- und Regierungsaufgaben beitragen, auch heute schon, und in einem Voll­geld­system sicherlich noch mehr. Aber die Finanzierung spezieller Politikbereiche, aktuell die Finanzierung von Sozial- und Umwelt-/Klimapolitik, ist nicht Aufgabe der Zentral­banken, auch bei Vollgeld nicht. So wenig Gerichte dazu da sind, schlecht gemachte oder über­haupt fehlende Gesetze zu kom­pen­­sie­ren, so wenig ist eine Vollgeldordnung dazu da, eine schlechte Fiskal- und Finanz­politik der Regierung oder schlecht gemachte Finanzmarkt-Regulierung wettzumachen.  

8. Transformation: 

Gibt es konkrete Empfehlungen für die Implementierung oder weitere Forschung? Gibt es Schritte oder Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten?

Übergangsprobleme sind vor allem als politische und praktische Widerstände und Koope­ra­tions­­verweigerung denkbar. Funktionale Vollgeldkritiken – von wegen Finanzzentralplanung, bürokratische Wissens­anmaßung, Staatslastigkeit bzw Marktfeindlichkeit, Geldver­knap­pung, Kreditklemme, zu langsame Geld- und Kredit­bereit­stellung, mangelnde Flexibilität/ Anpas­sungsfähigkeit des Systems u.a.m. – beruhen auf uninformierten Projektionen.

Unterschiedliche Vollgeldreformer in DE, UK, Se, USA haben recht detaillierte und technisch-organisatorisch machbare Umstellungspläne für eine komplette Vollgeldreform mit Beendi­gung der Bankengeldschöpfung vorgelegt.

 

Ein möglicher gradueller Übergang durch ein wettbewerbliches Mischsystem von digitalem ZBgeld (zunehmend) und Bankengeld (abnehmend) ist erheblich komplizierter und schwieriger  abzu­sehen. Die Probleme des Bankengeldregimes (Überschießensdynamik, Liquiditäts­prob­leme, Bankrun) bleiben in gewissem Ausmaß bestehen, die Vorzüge einer Vollgeldordnung kommen nur partiell zum Tragen, die Entwicklung kann stillstehen oder vor und zurück mäandern…

 

Das eigentliche Problem ist die Wissens-, Meinungs- und Willensbildung sowohl bezüglich des bestehenden Geldsystems – das in der Breite von Experten und gebildeten Menschen zwar allmählich besser, aber immer noch zu wenig verstanden wird – als auch bezüglich eines Vollgeldsystems.

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